Tom Hardy in Venom © 2018 Sony Pictures
Quelle: Yahoo!
Bei keinem anderen Film gab es dieses Jahr eine größere Diskrepanz zwischen kommerziellem Erfolg bzw. Zuschauerbeliebtheit einerseits und den Filmrezensionen andererseits als bei Sonys Marvel-Verfilmung Venom. Die meisten Kritiker, mich eingeschlossen, haben an dem Film mit Tom Hardy kein gutes Haar gelassen. An den Kinokassen entpuppte sich Venom als Überflieger und spielte bislang mehr als $850 Mio ein. Das ist mehr als deutlich besser aufgenommene Comicverfilmungen wie Guardians of the Galaxy, Doctor Strange oder Logan – The Wolverine. Seine Zahlen verdankt Venom vor allem dem großen Erfolg in den USA und in China, doch auch in Deutschland wurden knapp 1,4 Millionen Tickets für den Film verkauft.
Natürlich führt das zu der üblichen, inzwischen redundanten "Kritiker vs. Kinogänger"-Debatte. Gerade in den letzten Jahren kam es immer wieder vor, dass wenn ein Film – meist eine Comicverfilmung – nicht die vom Studio erhofften guten Rezensionen erhielt, die Macher oder die Schauspieler in den Interviews eifrig erklärten, sie hätten den Film "für die Fans und nicht für die Kritiker" gemacht. Was im Prinzip auch impliziert, dass Fans niedrigere Standards an einen Film legen und aus meiner Sicht immer unfreiwillig herablassend klang.
Eine seltsame neue Erklärung für die negativen Venom-Rezensionen fand nun Todd McFarlane, der erste Zeichner des Symbionten Venom in den "Spider-Man"-Comics. Aus seiner Sicht sind Filmkritiker für Venom zu alt: (aus dem Englischen)
Es war eine große Achterbahnfahrt. Visuell kam alles auf einen zu. Ich denke manchmal machen es die Kritiker falsch, indem sie ihr Alter vergessen. Sie gehen zu dem Film, sie sind 42 Jahre alt und sie kommen mit ihrer Einstellung und denken: "Hör auf". Was ist, wenn man 16 oder 15 Jahre alt ist und den Film schaut? Man liebt ihn. Natürlich liebt man ihn. Der Film hat ganz genau das geliefert, was er sollte. Er war krass, er war böse, er hatte einen großen coolen Venom, was genau das war, was ich mir erhofft habe. In dieser Hinsicht bin ich voreingenommen. Ich wollte einfach den Venom, den ich 30 Jahre zuvor erschaffen habe, visualisiert sehen.
Okay, Mr. McFarlane, die Grundannahmen hier scheinen folgende zu sein: a) nur ältere Kritiker haben Venom verrissen, b) wären alle Kritiker 15 oder 16 gäbe es keine negativen Rezensionen zu dem Film, und c) ältere Kinogänger können keinen Spaß an action- und effektreichen Blockbustern haben.
Bevor die Fans des Films, denen die Kritiker ein Dorn im Auge sind, weil sie sich aus irgendeinem Grund von ihnen bevormundet fühlen (so funktionieren Kritiken übrigens nicht), sollten kurz über den Inhalt dieser Aussagen nachdenken.
Ich habe mich mit meinen 32 Jahren (gute zehn unter McFarlanes Messlatte) sehr wohl dabei gefühlt, Venom zu verreißen, und hätte es in meinen Zwanzigern vermutlich auch getan. Schlicht und ergreifend, weil ich den Film nicht besonders gut fand. Wenn das Alter der Kritiker eine entscheidende Rolle spielt, wie kommt es dann, dass die meisten MCU-Filme, wie zuletzt Ant-Man and the Wasp, Black Panther und Avengers: Infinity War, von der Kritik bejubelt werden? Weshalb sind sie für jene Filme offenbar nicht zu alt, aber für Venom schon?
Es mag durchaus stimmen, dass man mit 15 oder 16 Venom besser findet. Sollte das also die Messlatte sein für künftige Filme? Mit 16 fand ich übrigens auch, dass Pushkin Red, Alkopops, billige Baileys-Imitate und Beck’s gut schmeckten. Zum Glück hat sich mein Geschmack seitdem erheblich weiterentwickelt. Aber gut zu wissen, dass McFarlane zugibt, dass Venom ein Film für 16-Jährige ist. Genau diesen Eindruck erweckt er auch.