Wenn Filmgrößen von uns gehen, ist es für einen Cineasten immer traurig. Doch bestimmte Tode treffen einen Filmfan aus dem einen oder anderen Grund besonders und das war bei mir der Fall, als ich heute morgen erfuhr, dass legendärer Regisseur Wes Craven in Los Angeles im Kreise seiner Familie an einem Hirntumor gestorben ist. Er wurde 75 Jahre alt.
Ich liebe Filme aller Genres und würde auch behaupten, dass es in jedem Filmgenre gleichermaßen gute, mittelmäßige und schlechte Filme gibt. Als wahrer Cineast sollte man sich keiner Filmrichtung verschließen. Doch die Wahrheit ist auch, dass ich im Herzen immer ein Horrorfan war, bin und es auch sein werde. Horrorfilme waren es, die mich seit meiner Kindheit schon faszinierten und über sie fand ich auch den Zugang zur Filmwelt im Allgemeinen und entwickelte so die Liebe für das Medium. Auch wenn die meisten meiner Lieblingsfilme eigentlich keine Horrorfilme sind, werde ich für das Genre immer ein besonderes Plätzchen im Herzen haben.
Wes Craven hat zur Entwicklung dieser Leidenschaft mit seiner herausragenden Arbeit maßgeblich beigetragen. Nicht viele Regisseure können von sich behaupten, gleich zwei sehr erfolgreiche und einflussreiche Horror-Franchises ins Leben gerufen zu haben. Mit Nightmare on Elm Street und Scream, die auf insgesamt 13 Filme (inkl. Freddy vs. Jason und des Nightmare-Remakes) kamen, hat Craven einen riesengroßen Fingerabdruck im Horrorgenre hinterlassen und alleine dafür werde ich ihm immer dankbar sein. Nicht alle dieser Filme waren gleich gut (oder gar gut), doch der erste Nightmare on Elm Street (hierzulande besser bekannt als Nightmare – Mörderische Träume) und der erste Scream gehören bis heute für mich zu den allerbesten Horrorfilmen, die je produziert wurden und sie strotzten in ihrer Zeit nur so vor Innovation, die der verwöhnte Horrorfan von heute ihnen vielleicht gar nicht mehr anmerkt.
Gleich zu Beginn seiner Filmkarriere (nach einigen Arbeitsaufträgen als Regisseur in der Porno-Industrie) landete Craven 1972 gemeinsam mit Sean S. Cunningham einen klassischen Exploitation-Schocker mit The Last House on the Left, der bis heute für Kontroverse sorgt und der 2009 neu verfilmt wurde. Fünf Jahre später inszenierte er mit Die Hügel der blutigen Augen ebenfalls einen beliebten Horrorstreifen, der fast 30 Jahre später ebenfalls einem Remake (The Hils Have Eyes) unterzogen wurde. Doch der wirklich große Durchbruch kam 1984 mit Nightmare – Mörderische Träume. Mit Freddy Krueger war auf Anhieb eine Ikone des Horror-Kinos erschaffen, die im Gegensatz zu Jason, Michael oder Leatherface sich nicht hinter einer Maske verbarg und den Schauspieler, Robert Englund, daher auch kaum austauschbar machte. Zum Nightmare-Franchise kehrte Craven erst mit dem sehr innovativen Freddy’s New Nightmare zehn Jahre später zurück und versuchte sich mit dem damals noch sehr innovativen Konzept des Meta-Horrors, das er mit Scream zwei Jahre später popularisierte und salonfähig machte. Scream markierte jedoch nicht nur die Geburt des selbstbewussten Meta-Horrors, sondern löste auch gleich ein Tsunami an Teenie-Slashern der Spätneunziger aus, aus dem u. a. Filme wie Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast und Düstere Legenden hervorgingen.
Zwischen seinen beiden Nightmare-Filmen blieb Craven aber auch nicht untätig und inszenierte u. a. Das Haus der Vergessenen, der demnächst zu einer Fernsehserie werden wird, und den ungewöhnlichen "Zombiefilm" Die Schlange und der Regenbogen.
Das er auch ganz andere Töne anschlagen kann, zeigte er mit dem musikalischen Drama Music of the Heart, das er 1999 drehte und für das Meryl Streep eine ihrer zahlreichen Oscarnominierungen erhielt. Seinen letzten Erfolg außerhalb der Scream-Reihe feierte Craven mit dem spannenden Thriller Red Eye, mit Rachel McAdams und Cillian Murphy.
Auch wenn Cravens späte Werke wie Verflucht und My Soul to Take zu wünschen übrig ließen, hat er im Laufe seiner Karriere so viele Highlights vorgelegt, dass man ihm die wenigen Ausrutscher verzeihen kann. Dass er eigentlich nicht ans Aufhören dachte, zeigte sich, als er vor nicht allzu langer Zeit noch Verträge über die Entwicklung etlicher Fernsehserien abgeschlossen hat. Als ausführender Produzent wirkte er außerdem bei der Serienadaption von Scream mit.
Wir verabschieden uns von Wes Craven, doch für mich und Millionen von gleichgesinnten Horrorfans weltweit, wird der Mann, die Legende, unvergessen bleiben. Durch Freddy Krueger, Ghostface und seine anderen Schöpfungen wird er weiterleben.
Möge er in Frieden ruhen – und danke für (fast) alles.
Zur Erinnerung sah ich am Wochenende:
SOMMER DER ANGST: ein leider ziemlich müder Okkult-Gruselfilm von 1979 mit Linda "EXORZIST" Blair, den ich ganz frisch auf einer DVD-Börse schaute
und
HÜGEL DER BLUTIGEN AUGEN. Sehr kurios: Als der Film in Deutschland heraus kam, war die Anti-Atomkraft-Bewegung mit Protesten gegen Brockdorf und Wackersdorf auf dem Höhepunkt. Da wurden in der deutschen Synchronfassung aus nuklear verseuchten Kannibalen-Mutanten im Atomwaffehtestgebiet einfach Außerirdische.