Quelle: Dread Central
Public Domain ist eine herrliche Sache. Die Gesetze zum Urheberrecht unterscheiden sich von Land zu Land, doch eine gewisse Zeit nach der Erstveröffentlichung eines literarischen Werkes oder nach dem Tod seines Autors, gehen das Werk und seine Charaktere in die Public Domain über und werden damit zum kulturellen Gemeingut, das von jedem nach Belieben adaptiert und verwertet werden kann, ohne sich mit der Nachlassverwaltung oder anderen Rechteinhabern auseinandersetzen zu müssen. Deswegen darf zum Beispiel jeder Shakespeares Bühnenstücke adaptieren und kann sich dabei so nah oder lose an die Vorlage halten, wie man will. "Der Widerspenstigen Zähmung" als Highschool-Komödie oder "Coriolanus" als Kriegs-Actionfilm? Kein Problem.
Wer mit Disneys Winnie Puuh aufgewachsen ist, hat auch nicht schlecht gestaunt, als im Mai von einem brutalen R-rated Indie-Horrorfilm berichtet wurde, in dem Puuh und Ferkel als blutrünstige Killer dargestellt werden. Zu verdanken ist dies dem Umstand, dass A.A. Milnes 1926 publiziertes erstes "Pu der Bär"-Buch seit Januar in der Public Domain ist und Disney nicht länger die alleinigen Filmrechte hat. Regisseur Rhys Frake-Waterfield hat keine Zeit verschwendet und mit Winnie the Pooh: Blood and Honey den ersten Winnie-Puuh-Horrorfilm innerhalb von nur zehn Tagen im Mai in England abgedreht.
Doch auch Frake-Waterfield konnte sich nicht ausmalen, wie massiv die Reaktionen auf die Meldung zu seiner Low-Budget-Produktion werden würden. Millionen von Menschen, die Puuh noch als naiven, liebenswerten und honigliebenden Bären kennen, waren entweder entsetzt über die düstere Darstellung einer Lieblingsfigur aus ihrer Kindheit, begeistert über die durchgeknallte Idee oder schlichtweg verdutzt und sprachlos. Die (morbide) Neugier war jefenfalls riesig, sodass der Bericht über den Film tatsächlich zu unserem bislang meistgeklickten Artikel des Jahres wurde.
Nach diesem überwältigenden Anklang versucht Frake-Waterfield seinen Film jetzt natürlich schnellstmöglich fertigzustellen und unter die Leute zu bringen, bevor der Hype wieder abebbt. Einen Starttermin gibt es noch nicht, auch keinen Trailer, aber das erste offizielle Poster wurde immerhin vor wenigen Tagen veröffentlicht, was auf den baldigen Release der ersten Vorschau hoffen lässt. Das Bild des zugedröhnt aussehenden Winnie Puuh mit einem blutigen Hammer in der Hand ist dezent verstörend und Ferkel hat hier eine gewisse Ähnlichkeit mit Jason Voorhees. Es ist wirklich keine Gutenachtgeschichte, wie das Poster uns vorwarnt:
Die Idee, die der Filmemacher sich für Blood and Honey überlegt hat, ist, dass Christopher Robin irgendwann aufs College geht und Puuh und Ferkel hungrig zurücklässt. Die beiden verwildern daraufhin, kehren zu ihren tierischen Wurzeln zurück und gehen als Bär und Schwein selbst auf die Jagd. In einer Szene des Films soll man auch den Grabstein des Esels i-Aah sehen, den die beiden aus ihrer Hungersnot heraus verspeist haben. Tigger, der erst in einem späteren Buch von Milne seinen Auftritt feierte, tritt in dem Film aus rechtlichen Gründen nicht auf. Auf bei der Kleidung der Figuren musste der Macher genauestens darauf achten, dass es keine Bezüge zu Disneys Darstellung gibt.
Winnie Puuh und seine Freunde waren ein großer Teil meiner Kindheit, doch ich bin immer begeistert über kreative Möglichkeiten, die der Übergang in Public Domain in sich birgt. Winnie the Pooh: Blood and Honey wird sicherlich kein großes Kino sein, vermutlich auch kein sonderlich guter Horrorfilm, aber er wird als erster Winnie-Puuh-Horrorfilm in die Geschichtsbücher eingehen. Jetzt warte ich noch auf ein Crossover mit Paddington, dem Slasherbären aus Peru. Allerdings dauert es noch einige Jahrzehnte, bis Michael Bonds Vorlage allen zur Verfügung stehen wird.
Unten könnt Ihr drei neue Fotos aus Winnie the Pooh: Blood and Honey sehen. Weitere Bilder findet Ihr hier.