Liebe Filmfutter-Leserinnen und Leser,
willkommen zum dritten und finalen Teil unserer großen Oscars-Vorschau. Es wird diesmal um die Kategorien "Beste Regie" und "Bester Film" gehen. Was die Industriepreise im Vorfeld betrifft, so sind für diese Kategorie vor allem die Nominierungen der Regiegewerkschaft (DGA), der Produzentengewerkschaft (PGA) aber auch die Ensemble-Nominierungen der Screen Actors Guild relevant, denn diese korrelieren häufig stark mit der Kategorie "Bester Film". Natürlich darf man aber auch die Nominierungen der "britischen Oscars", der BAFTAs, nicht unterschätzen, da viele Mitglieder der BAFTA auch Mitglieder der Academy sind und für die Oscars mitabstimmen.
Bevor wir nun zu den einzelnen Kategorien übergehen, hier noch einmal die Erinnerung an die Nominierungen der DGA, der PGA und der BAFTA.
Producers Guild of America
American Hustle
Blue Jasmine
Captain Phillips
Dallas Buyers Club
Gravity
Her
Nebraska
Saving Mr. Banks
12 Years a Slave
The Wolf of Wall Street
Directors Guild of America
David O. Russell (American Hustle)
Paul Greengrass (Captain Phillips)
Alfonso Cuarón (Gravity)
Steve McQueen (12 Years a Slave)
Martin Scorsese (The Wolf of Wall Street)
British Academy of Film and Television Arts
Bester Film
American Hustle
Captain Phillips
Gravity
Philomena
12 Years a Slave
Beste Regie
David O. Russell (American Hustle)
Paul Greengrass (Captain Phillips)
Alfonso Cuarón (Gravity)
Steve McQueen (12 Years a Slave)
Martin Scorsese (The Wolf of Wall Street)
Beste Regie
Nach dem Chaos vom letzten Jahr, als nur zwei der fünf DGA-nominierten Regisseure von den Oscars auch nominiert wurden (so etwas kam noch nie vor), fällt es natürlich schwer, irgendwelche vernünftigen Vorhersagen in dieser Kategorie abzugeben. Ben Affleck (Argo) und Kathryn Bigelow (Zero Dark Thirty) schienen so sicher zu sein, wie es nur geht und wurden letztlich von der Academy übergangen und das kurz bevor Argo zum klaren Favoriten im Rennen avancierte und später den Oscar als "Bester Film" gewann. Ich glaube aber, dass letztes Jahr einfach eine Anomalie war, die sich nicht bald wiederholen wird. Durch die 5/5-Übereinstimmung zwschen den DGA-Noms und den Nominierungen der BAFTAs haben sich für mich fünf ganz klare Kandidaten in dieser Kategorie herauskristallisiert und der Rest folgt ihnen mit einem signifikaten Abstand.
Sichere Kandidaten
Steve McQueen (12 Years a Slave) – Dass der Regisseur des "Bester Film"-Favoriten auch nominiert wird, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, doch Argo hat uns letztes Jahr eindrucksvoll vom Gegenteil überzeugt. Ich berufe mich aber auf "Ausnahmen bestätigen die Regel" und glaube, dass die Kategorie dieses Jahr deutlich konventioneller verlaufen wird als letztes Jahr und McQueen für den Film nominiert werden wird, der wahrscheinlich auch insgesamt die meisten Oscarnominierungen einheimsen wird. Die Filmkritiker von Boston, Chicago, Las Vegas und New York zeichneten McQueen für seine Arbeit aus. Zwar hat Alfonso Cuarón für Gravity in dieser Oscar-Saison noch mehr Regiepreise gewonnen, doch McQueen hat weiterhin den Vorteil, dass sein Film einfach deutlich besser aufgestellt ist. Deshalb bleibt er für mich weiterhin der Favorit für den Sieg.
David O. Russell (American Hustle) – David O. Russell wurde in Vergangenheit bereits zweimal für den Oscar als "Bester Regisseur" nominiert – für seine letzten beiden Filme! Der letzte Regisseur der mit drei Filmen in Folge eine Regienominierung landen konnte, war Martin Scorsese (Gangs of New York, The Aviator, Departed – Unter Feinden). Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Russell das nachmachen können. Seine Nominierung für Silver Linings letztes Jahr war eine Überraschung, denn er erhielt im Vorfeld weder eine BAFTA-, noch eine Golden-Globe- noch eine DGA-Nominierung als Regisseur. Das zeigt wohl, dass Russells Filme innerhalb der Academy viele Freunde haben. Bei American Hustle sieht es bereits jetzt schon anders aus. Die Globes, die BFCA, die BAFTAs und die DGA nominierten Russell für seine Arbeit. Seine dritte Nominierung ist also so gut wie sicher.
Alfonso Cuarón (Gravity) – Niemand hat im diesjährigen Oscar-Rennen so viele Preise für die "Beste Regie" gewonnen wie Cuarón für seine phänomenale Arbeit an Gravity. Kein Wunder, denn Gravity ist vor allem ein "Regie-Film". Sicher, die Schauspieler sind gut und das Drehbuch ist nicht schlecht, doch es ist vor allem Cuaróns Arbeit hinter der Kamera, die den Film zu einem solch bombastischen Erlebnis macht. Die Golden Globes sahen das auch so und prämierten Cuarón, ebenso wie die Filmkritikerverbände von Los Angeles, Washington, Phoenix, San Francisco, San Diego und Toronto. Natürlich haben auch die BAFTAs, die BFCA und die DGA ihn nominiert.
Wahrscheinliche Kandidaten
Paul Greengrass (Captain Phillips) – Captain Phillips' Regie wurde bei allen wichtigen Industrie-Vorboten der Oscars (BFCA, BAFTAs, DGA, Golden Globes) nominiert und es sollte eigentlich keine Frage sein, ob der Film es unter die fünf Nominees schafft. Doch ich habe ein leises Bauchgefühl, dass Greengrass in letzter Sekunde zugunsten von Jonze oder Payne herausfallen könnte, denn ich merke insgesamt zwar generelles Wohlwollen gegenüber dem Film, jedoch nicht viel richtige Begeisterung, was sich darin widerspiegelt, dass Greengrass bei den Preisen der Filmkritikerverbände nahezu gänzlich unbeachtet blieb. Letztlich sind jene Preise aber nicht so entscheidend, wie die DGA oder die BAFTAs, weshalb Greengrass natürlich weiterhin ein starker Kandidat bleibt. Falls aber jemand aus der DGA-Top-5 rausfällt, dann wird es am ehesten Greengrass sein, auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist.
Martin Scorsese (The Wolf of Wall Street) – Mit seinem neusten Film ist Martin Scorsese auf bestem Wege zu seiner 8. Oscarnominierung als Regisseur. Nur William Wyler hat in der Oscargeschichte noch mehr geschafft (12). The Wolf of Wall Street startete eher zaghaft ins Oscar-Rennen, weshalb ich Scorsese auch nicht unter den sicheren Kandidaten habe, doch in den letzten Wochen nahm er an Fahrt auf. Scorsese erhielt eine DGA-Nominierung, eine BFCA-Nominierung und wurde auch von den BAFTAs für seine Regie nominiert. Die Golden Globes haben ihn allerdings übergangen, was mich dazu bewegt, ihn weiterhin als einen etwas wackeligen Kandidaten zu haben. Ich glaube aber schon, dass er nominiert werden wird.
Weitere Anwärter
Spike Jonze (Her) – Spike Jonze ist meine erste Wahl, falls einer der starken Top-5-Kandidaten (oben) ersetzt werden wird. Sein neuer Film, Her, hat während der Oscar-Saison deutlich über den Erwartungen abgeschnitten und bescherte Jonze einen "Beste Regie"-Preis bei der National Board of Review, gleich zu Beginn der Oscarzeit. Zahlreiche Filmkritikerverbände nominierten Jonzes Regiearbeit. Beim Filmkritikerverband von Los Angeles belegte er sogar den zweiten Platz. Ebenso wichtig ist seine BFCA-Nominierung. Dort wurde er als 6. Nominee neben den fünf stärksten Kandidaten (Russell, Scorsese, McQueen, Greengrass und Cuarón) nominiert. Über eine Oscarnominierung verfügt Jonze bereits – für seine Regie bei Being John Malkovich, sodass er der Academy sicherlich kein Unbekannter ist. Allerdings ging der Nominhierung damals auch eine Nominierung der DGA voraus. Das größte Problem scheint einfach zu sein, dass die Top 5 einen solchen Abstand zum Rest zu haben scheint, dass sie schwer zu erreichen sein wird.
Alexander Payne (Nebraska) – Alexnder Paynes Filme sind häufig zu "unauffällig", was deren an sich tolle Regie betrifft und machen eher durch ihre Drehbücher und ihre Schauspieler auf sich aufmerksam. Das hinderte die Academy jedoch nicht daran, Payne für The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten und Sideways in dieser Kategorie zu nominieren. Nebraska ist zwar ebenso ein starker Kandidat, jedoch vielleicht nicht ganz in der gleichen Liga wie diese beiden, die in ihren jeweiligen Jahren zu den Top-3-Anwärtern gehörten. Das liegt wohl auch am bescheidenen finanziellen Erfolg von Paynes neuem Film vergleichen zu den tollen Einspielergebnissen seiner vorherigen Werke. Die Golden Globes nominierten Paynes Regie ebenso wie die Independent Spirit Awards, doch insgesamt blieben die Nominierungen in dieser Kategorie eher aus. Weder die DGA noch BAFTA oder die BFCA vergaben Payne hier eine Nennung. Bei den Oscars würde ich das nicht ausschließen, doch die Top 5 könnte einfach zu stark sein, um gegen sie anzukommen.
Woody Allen (Blue Jasmine) – Wie bei Payne ist auch Woody Allens Regie häufig eher unauffällig und der Fokus liegt meist auf seinen Drehbüchern. Nichtsdestotrotz wurde Allen in Vergangenheit bereits siebenmal für seine Regie nominiert, zuletzt für Midnight in Paris. Allerdings war 2011 regietechnisch ein schwächeres Jahr als 2013 und Midnight in Paris hatte als Allens (mit Abstand) größter finanzieller Hit einen gewissen Vorteil vor Blue Jasmine. Für Blue Jasmine konnte Allen bislang zwar diverse Drehbuchnominierungen einheimsen, seine Regie blieb aber weitgehend unbeachtet. Bei den Oscars sollte das Muster so weitergehen, doch natürlich ist eine Überraschung möglich, einfach weil es eben Woody Allen ist.
Jean-Marc Vallée (Dallas Buyers Club) – Vor einem Monat hätte ich Jean-Marc Vallée auf keinen Fall auf diese Liste gesetzt, denn Dallas Buyers Club schien eigentlich nur eine Show für seine beiden Darsteller, Jared Leto und Matthewe McConaughey, zu sein. Doch es wurde immer deutlicher, dass Dallas Buyers Club als Film auch immer bessere Chancen hatte, nicht zuletzt dank seiner überraschenden PGA-Nominierung und der WGA-Nominierung, bei der er sogar Inside Llewyn Davis ausstach. Für die Nominierung der Regiegewerkschaft hat es letztlich nicht ausgereicht, doch sollte Dallas Buyers Club der Film sein, an dem die Academy dieses Jahr besonders Gefallen findet (und ihn beispielsweise für sein Drehbuch und als "Bester Film" nominiert), so könnte auch Vallée einen der Top-5-Kandidaten ersetzen.
Joel und Ethan Coen (Inside Llewyn Davis) – Drei von Coens' Filmen wurden in Vergangenheit für den Regieoscar nominiert (Fargo, No Country for Old Men und True Grit). In allen drei Fällen handelte es sich aber um Filme, die deutlich größere Favoriten im Rennen und deutlich beachtenswertere finanzielle Erfolge waren als Inside Llewyn Davis, der bei den großen Gewerkschaftspreisen bislang unsichtbar geblieben ist (SAG, DGA, WGA und PGA haben ihn allesamt ignoriert). Während ich dem Film selbst trotzdem noch Chancen zurechne, wird es für eine Regienominierung nicht reichen.
Ryan Coogler (Fruitvale Station) – Eine Nominierung hier wäre eine riesige Überraschung. Bessere Chancen hat der Film in den Schauspiel- und Drehbuchkategorien. Nachdem aber letztes Jahr Benh Zeitlin überraschend bei den Oscars nominiert wurde, schließe ich nichts aus. Allerdings ist das insofern weniger vergleichbar, als dass Beasts of the Southern Wild insgesamt ein stärkerer Kandidat war als Fruitvale Station. Als politische Aussage könnte ich mir hier eine Nominierung aber durchaus vorstellen.
Außenseitertipp
Ron Howard (Rush – Alles für den Sieg) – Es ist schon seltsam, dass ein Name wie Ron Howard unter Außenseiter-Tipps steht, doch die Tatsache ist, dass obwohl Howard mit Rush vielleicht seine beste Regiearbeit abgeliefert hat, der Film im Oscar-Rennen kläglich untergegangen ist, mit der Ausnahme von seinem Schnitt und Daniel Brühl als "Bestem Nebendarsteller". Die einzige Hoffnung, die verbleibt, ist, dass Howard in der Academy beliebt genug ist. Zwei Nominierungen hat er ja bereits vorzuweisen – für Frost/Nixon und A Beautiful Mind (letztere hat er auch gewonnen). Die Regie von Rush gehört zu den stärksten Aspekten des Films und hätte mit Sicherheit mehr Beachtung verdient, als sie während der Oscar-Saison erhalten hat. Da aber sogar die BAFTA, die letzte Hoffnung des Films, ihn in der "Beste Regie"-Kategorie übergangen hat, bleibt er nur noch als Wild Card da, falls die Academy in dieser Kategorie das Rennen (wie schon im Vorjahr) völlig auf den Kopf stellt.
Vorhersage:
David O. Russell (American Hustle)
Paul Greengrass (Captain Phillips)
Alfonso Cuarón (Gravity)
Steve McQueen (12 Years a Slave)
Martin Scorsese (The Wolf of Wall Street)
Bester Film
Die Schwierigkeit beim Vorhersagen dieser Kategorie liegt natürlich darin, dass man im Vorfeld nicht mehr weiß, wie viele Filme überhaupt nominiert werden. Entscheidend ist hierbei, nach der neuen Regelung, dass jeder der nominierten Filme auf mindestens 5% aller Stimmzettel als erste Wahl für "Bester Film" auftaucht. Es dürfen 5-10 Filme nominiert werden, wobei in den letzten beiden Jahren immer neun nominiert wurden. Da dieses Jahr das Feld noch breiter verstreut scheint, würde es mich nicht wundern, wenn wir zehn Nominees haben werden.
Sichere Kandidaten
12 Years a Slave – 12 Years a Slave war der Favorit im Oscar-Rennen, seit das Projekt angekündigt wurde. In diesem Punkt ist der Film wohl vergleichbar mit Schindlers Liste. Es geht um sehr "wichtige" Themen, behandelt von einem unterschätzten und sehr begabten Regisseur. Als der Film dann endlich in die Kinos kam, hat er nicht enttäuscht und mehr Preise abgeräumt in dieser Oscar-Saison als irgendein anderer Streifen. Neben den kürzlich gewonnenen Golden Globe als "Bester Film (Drama") hat er auch die Preise der Filmkritiker von Chicago, Las Vegas, Phoenix, San Francisco und viele andere gewonnen. Bei den Screen Actors Guild Awards sicherte sich der Filme vier (!) Nominierungen. Auch bei den BFCA Awards und den BAFTAs schnitt er ähnlich stark ab. Der Film ging ins Rennen als Favorit und ist es bis jetzt unangefochten geblieben.
American Hustle – Nicht nur 12 Years a Slave wurde seit der Genesis des Projekts als definitiver Oscarkandidat gehandelt, sondern auch David O. Russells American Hustle. Allein die Besetzung des Films und die Tatsache, dass die letzten beiden Filme von Russell bei den Oscars sehr gut abgeschnitten haben, was die Nominierungen betrifft, sprachen für sich. Direkt bei den ersten Preisen der Oscar-Saison (NYFCC) räumte American Hustle gleich den Hauptpreis ab. Weitere Filmkritikerpreise konnte der Film zwar nicht gewonnen, wurde aber vielerorts nominiert. Noch wichtiger ist, dass der Film letzten Sonntag drei Golden Globes nach Hause mitnehmen durfte, darunter als "Bester Film (Comedy/Musical)" und von der SAG für sein Ensemble nominiert wurde. Die Frage, die sich bei American Hustle stellt ist nicht, ob der Film nominiert werden wird, sondern, ob er 12 Years a Slave beim Rennen um den Sieg gefährlich werden könnte.
Gravity – Gravity ist der diesjährige Blockbuster-Kandidat à la Inception oder Avatar, nur dass er mit noch besseren Siegchancen ins Rennen geht als jene beiden Filme, da die Rezeption des Films einfach phänomenal ist. Am stärksten ist Gravity (zurecht) in der Regiekategorie (dafür gewann er bereits den Golden Globe), doch auch insgesamt kommt der Film sehr gut weg, v. a. dank der Unterstützung aller "technischen" Branchen. Die Filmkritiker von Los Angeles vergaben ihm (gemeinsam mit Her) den Preis für den "Besten Film" des Jahres und die meisten anderen Kritikerverbände haben Gravity immerhin nominiert. Ich denke nicht, dass Gravity ernsthafte Chancen auf den "Bester Film"-Oscar hat, doch eine Nominierung ist auf jeden Fall drin.
Nebraska – Zwei von Alexander Paynes Filmen wurden in Vergangenheit in dieser Kategorie nominiert und Nebraska wird der dritte sein. Zwar ist der Film im Rennen nicht ganz so stark wie The Descendants oder Sideways und wird Payne wahrscheinlich auch keine Regienominierung einbringen, doch insgesamt ist der Film gut aufgestellt, was fünf Golden-Globe-Nominierungen, seine PGA-Nom und die WGA-Nom belegen.
Captain Phillips – Captain Phillips ist der klassische Fall von Filmen, denen diverse Nominierungen, darunter als "Bester Film" sicher sind, die aber auch mit relativer Sicherheit leer ausgehen werden – mit anderen Worten: sehr gut in vielen Kategorien, aber in keiner der beste. Das spiegelt sich auch im Oscar-Rennen wider. Der Film hat nahezu keine Preise bislang gewonnen, wurde aber überall nominiert – so bei den PGA Awards, den WGA Awards, den DGA Awards, den Golden Globes, den Preisen der BFCA und den BAFTAs. Genau so erwarte ich es auch von den Oscars – diverse sichere Nominierungen aber kein einziger Sieg.
Wahrscheinliche Kandidaten
The Wolf of Wall Street – The Wolf of Wall Street ist sehr nah dran, zu den sicheren Kandidaten zu gehören, insbesondere nachdem er die relevanten BFCA-, DGA-, PGA- und WGA-Nominierungen absahnen konnte. Allerdings bleibt noch die Tatsache, dass er bei den Golden Globes zwar die "Bester Film (Comedy/Musical)"-Nom erhielt, insgesamt aber mit lediglich zwei Nominierungen eher enttäuschte. Weder sein Drehbuch noch die Regie wurden nominiert. Auch die BAFTAs reagierten eher verhalten auf den Film. Scorsese, DiCaprio, das Drehbuch und der Filmschnitt wurden von der britischen Academy nominiert, nicht jedoch der Film selbst. Andererseits haben die BAFTAs vor zwei Jahren auch Hugo Cabret nicht als "Besten Film" nominiert, der es dennoch auf die Oscarliste locker geschafft hat. Hugo Cabret war aber als eine Liebeserklärung an das Kino deutlich zugänglicher als die dreistündige Drogen- und Sexorgie mit einem unsympathischen Protagonisten, die Scorsese mit The Wolf of Wall Street auf die Leinwand gebannt hat. Während der ersten Academy-Screenings wurde von diversen Zuschauern berichtet, die während des Films das Kino verlassen haben. Auch die Reaktionen der Filmkritikerverbände waren eher verhalten. The Wolf of Wall Street gewann kaum Kritikerpreise und wurde auch nicht häufig nominiert. Doch die deutlich relevanteren Industriepreise wie die PGA und die WGA berücksichtigten den Film, sodass er sich wieder unter den Favoriten befindet – als absolut sicher würde ich aber seine Situation nicht bezeichnen. Es könnte auch das passieren, was mit Verblendung geschah, der ebenfalls das Nominierungstrio PGA/WGA/DGA erhielt, bei den Oscars aber in keiner der entsprechenden Kategorien nominiert wurde.
Her – Mit seinem Sieg bei der National Board of Review ist Her automatisch unter die sehr wahrscheinlichen Kandidaten für eine Oscarnominierung aufgestiegen. Seit 2001 wurde nämlich jeder Film, der von der NBR zum besten des Jahres gekürt wurde, bei den Oscars ebenfalls in dieser Kategorie nominiert. Davor gab es aber schon die eine oder andere Ausnahme, weshalb das nicht als hundertprozentig sicherer Prädiktor gelten darf. Bei den Filmkritikern von San Diego und Los Angeles gewann Her ebenfalls als "Bester Film" und wurde sowohl von der BFCA als auch von der PGA und der WGA nominiert. Auch die Golden Globes bedachten den Film mit drei Nominierungen. Ein bisschen beunruhigend ist aber, dass die BAFTAs den Film in keiner Kategorie nominiert haben. Außerdem ist die Unterstützung der Schauspieler, die den größten Teil der Academy-Wähler ausmachen, ebenfalls nicht so groß, was sich daran erkennen lässt, dass der Film keine einzige SAG-Nominierung erhielt. Das alles sollte aber angesichts anderer Oscar-Vorboten Her nicht davon abhalten, eine Nom als "Bester Film" einzuheimsen. Lediglich die sehr schräge Prämisse des Films könnte einige Academy-Mitglieder überfordern. Man darf nie vergessen, dass Being John Malkovich von Spike Jonze vor 14 Jahren noch besser im Rennen positioniert war. Der Film hatte neben einer PGA-Nominierung, einer DGA-Nominierung und einer WGA-Nominierung sogar drei Nominierungen von der Schauspielergewerkschaft, der Screen Actors Guild vorzuweisen – darunter in der sehr wichtigen Kategorie "Bestes Ensemble". Dennoch schaffte Being John Malkovich es damals nicht unter die fünf "Bester Film"-Oscar-Nominees. Der Hauptgrund, warum dieses Jahr die Chancen für Her besser stehen ist, dass es diesmal (höchstwahrscheinlich) mehr als nur fünf Plätze in der Kategorie geben wird.
Weitere Anwärter
Blue Jasmine – Im Sommer galt der Film noch als nahezu sicherer Kandidat, denn wie schon Midnight in Paris vor zwei Jahren wurde Blue Jasmine zu einem Überraschungserfolg an den Kinokassen und erntete für Woody Allen einige der besten Kritiken seiner Karriere. Während der Oscar-Saison wurde der Film nicht ganz vergessen, doch die Aufmerksamkeit konzentrierte sich vor allem Auf Cate Blanchetts Oscar-Performance und, zu einem geringeren Grad, auf Allens Drehbuch. Der Film selbst wurde bei den frühen Preisverleihungen kaum beachtet und wurde sogar vom American Film Institute nicht als einer der zehn beste US-amerikanischen Flme des letzten Jahres benannt. Seine Chance auf eine "Bester Film"-Nominierung bei den Oscars schien nichtig zu sein, bis plötzlich mit den Nominierungen der Producers Guild of America die Wende kam. Die PGA nominierte den Film anstelle von Inside Llewyn Davis. Diesen Triumph konnte Blue Jasmine kurze Zeit später bei den WGA Awards auch genießen. Auch dort punktete Woody Allens Drehbuch mit einer Nom, die den Coen-Brüdern verwehrt blieb. Damit bleibt Blue Jasmine gerade noch im Rennen um einen Platz in dieser Kategorie, auch wenn es etwas beunruhigend ist, dass der Streifen bei den Golden Globes keine Filmnominierung erhielt.
Dallas Buyers Club – Wie auch bei der Regie des Films, hätte vor einem Monat niemand damit gerechnet, dass Dallas Buyers Club ein ernsthafter Kandidat für den Einzug unter die "Bester Film"-nominierten Filme dieses Jahr werden könnte, doch wie auch Blue Jasmine verbuchte er überraschende Nominierungen bei den PGA Awards und den WGA Awards. Darüber hinaus, wurde er, im Gegensatz zu Blue Jasmine, auch von der BFCA als bester Film des letzten Jahres nominiert. Der größte Triumph des Films ist aber seine Nominierung für das "Beste Ensemble" bei den Screen Actors Guild Awards – eine Kategorie, die meist nur "Bester Film"-Kandidaten vorbehalten ist. Nimmt man all diese Nominierungen zusammen, so ergibt sich ein Bild, in dem die Industrie diesen Film sehr mag und ihn mit einigen mehr oder weniger überraschenden Nominierungen morgen ehren könnte.
Saving Mr. Banks – Der Konsens der Kritiker zu dem Film war ziemlich klar – "gut, aber nicht großartig". Es scheint ein handwerklich gut gemachter Film sein, der aber außerhalb der Performance von Emma Thompson in keinem Aspekt heraussticht. Doch Hollywood mag Filme über Hollywood und es geht kaum mehr "Hollywood" als ein Film, in dem es um Walt Disney und Mary Poppins geht. So lässt sich vielleicht erklären wie Saving Mr. Banks, trotz nahezu kompletter Abwesenheit bei den Preisen der Filmkritikerverbände, trotzdem von der PGA und der BFCA als "Bester Film" nominiert wurde. Hinzu kommt noch der solide finanzielle Erfolg des Films, der am Ende den Ausschlag geben könnte für eine Nominierung. Saving Mr. Banks kämpft im Oscar-Rennen sicherlich nicht an vorderster Front, doch sollte es dieses Jahr 9-10 Nominierung geben, könnte er sich durchaus eine schnappen.
Inside Llewyn Davis – Eigentlich hätte der Musikfilm der Coen-Brüder angesichts des immensen Kritikerlobs ein größerer Kandidat sein sollen, doch wie auch Saving Mr. Banks kämpft Inside Llewyn Davis um die letzten Plätze in der Kategorie und das auch nur, wenn es mehr als acht nominierte Filme geben wird. Nahezu alle wichtigsten Prädiktoren (PGA, SAG, WGA, DGA, BAFTAs) verpasste der Film. Diese sind insofern ausschlaggebend, als dass deren Wähler sich mit denen der Academy überschneiden. Dafür punktete Inside Llewyn Davis mit Noms bei den Golden Globes und bei der BFCA. Deutlich besser hat er bei den Kritikerpreisen abgeschnitten. Die Filmkritikerverbände von Las Vegas, Washington und Chicago haben den Film nominiert, in Toronto hat er sogar gewonnen. Wie man weiß, bedeutet das für die Oscars aber so gut wie gar nichts. Hier wird es vor allem um die Beliebtheit der Coen-Brüder gehen, die sie innerhalb der Academy genießen. Immerhin schaffte es auch A Serious Man unter die zehn Nominees, obwohl auch der Film nur wenig im Vorfeld abräumen konnte.
Der Butler – Im Sommer waren sich noch viele einig, dass Der Butler allein schon aufgrund seiner tollen Mundpropaganda und des großen finanziellen Erfolgs zu den "Bester Film"-nominierten Filmen gehören wird. Mittlerweile wäre es jedoch eine Riesenüberraschung, wenn er den Sprung noch schaffen würde, denn in den letzten zwei Monaten ist der Film sang- und klanglos im Oscar-Rennen untergegangen. Lediglich drei SAG-Nominierungen zeugen von großer Unterstützung seitens der Schauspielerbranche. Ob das jedoch ausreichen wird, wage ich zu bezweifeln.
Rush – Alles für den Sieg – Verdient hätte Rush es allemal als "Bester Film" nominiert zu werden, doch wie auch Der Butler und Fruitvale Station ging der Film angesichts der harten Konkurrenz unter. Leider war der Streifen auch finanziell kein Volltreffer in Nordamerika, sodass er wahrscheinlich von den meisten Wählern zum Zeitpunkt der Abstimmung schlicht und ergreifend vergessen wurde. Der Grund, warum ich den Film überhaupt noch erwähne, ist, weil man Ron Howard nicht unterschätzen sollte.
Außenseitertipp
Philomena – Eigentlich hat Philomena nahezu keine Chancen auf eine Nom in dieser Kategorie. Bei allen großen US-amerikanischen Oscar-Prädiktoren tauchte der Film nicht auf und auch wenn die Hauptdarstellerin des Films und sein Drehbuch stark im Rennen sind, kann man das vom Film selbst nicht behaupten. Da wäre aber noch eine Kleinigkeit – die BAFTA-Nominierung, die der Film erhalten hat als "Bester Film" zeugt von sehr starker Unterstützung seitens der britischen Fraktion. Diese verhalf bereits vor fünf Jahren Der Vorleser zu einer überraschenden Oscarnominierung, obwohl der Film zuvor im Rennen auch kaum eine Rolle spielte. Seit die Academy wieder mehr als fünf Nominierungen in der "Bester Film"-Kategorie vergibt, kam es nur zweimal vor, dass die BAFTAs einen Film nominiert haben, der später bei den Oscars keine Nominierung als "Bester Film" erhielt (bei Drive und Dame, König, As, Spion – beide im selben Jahr). Sollte sich die gesamte britische Fraktion hinter Philomena stellen, könnte es zub einer Riesenüberraschung kommen…
Vorhersage:
American Hustle
Blue Jasmine
Captain Phillips
Dallas Buyers Club
Gravity
Her
Inside Llewyn Davis
Nebraska
12 Years a Slave
The Wolf of Wall Street
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Bereits veröffentlicht:
Teil 1 (Bestes Originaldrehbuch, Bestes adaptiertes Drehbuch)