Sex Tape, USA 2014 • 94 Min • Regie: Jake Kasdan • Mit: Cameron Diaz, Jason Segel, Rob Corddry, Ellie Kemper, Rob Lowe, Jack Black • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 11.09.2014 • Deutsche Website
Cameron Diaz und Jason Segel haben einen Film gemacht, in dem sie reichlich Sex und so einige Dummheiten machen. Was tun mit der einzige Kopie? Nachdem sie das Werk in voller Länge angesehen haben, ist das keine Frage: mit dem Hammer drauf hauen, im Mixer schreddern, verbrennen und anschließend die Kleinteile vergraben! Die Szene kommt spät in Jake Kasdans verklemmter Familienkomödie, aber dafür identifiziert man sich wenigstens dieses eine Mal mit den Protagonisten.
Ähnlich unbarmherzig wie das verheiratet-mit-Kids-in-der-Vorstadt-Pärchen Jay (Jason Segel) und Annie (Cameron Diaz) das titelgebende Resultat eines Abends ohne Kinder und Alltagshektik möchte man mit Kasdans Kino-Pendant verfahren. Wie viel die zweite Zusammenarbeit nach „Bad Teacher“ des Trios aus Regisseur und Hauptdarstellern mit dem peinlichen Amateurclip gemeinsam hat, hat offenbar keiner von ihnen mitgekriegt. Der filmische Dreier war wohl einfach zu geil. Voll geil, im humoristischen und expliziten Sinne, will „Sex Tape“ unbedingt sein und gibt sich dabei unabsichtlich selbst die Blöße. „Was ist unsere Story?“, fragt Annie, bevor Jay und sie die sturmfreie Bude zum Pornodrehort machen. „Story? Ich glaub', das ist nicht so wichtig.“ Dieser Glaube leitete Co-Drehbuchautor Segal augenscheinlich auch bei der Arbeit am Plot. Ein echtes Sex Tape könnte kaum monotoner und repetitiver sein als die teils akrobatischen, teils schmerzhaften Aktionen des die alte Leidenschaft vermissenden Pärchens. Auf jedem Gag wird bis zum Überdruss herumgeritten; Spannung kommt angesichts der Abstrusität des Vorgangs (irgendein erwachsenes Paar hat sich beim Sex gefilmt – na und?!) gar nicht erst auf. Der Verbreitungsweg des via iPad gefilmten Drei-Stunden-Epos ist so glaubhaft wie das Szenario „nymphomane Hausfrau verführt potenten Handwerker“.
Dass eine Bloggerin und ein Radio-DJ nicht mal technische Grundschritte kennen, wirkt umso absurder, umso häufiger sie diverse Produkte von Apple in die Kamera halten oder deren Qualität betonen. Wenn es in dem keine nackte Brust, geschweige denn mehr als Slapstick-Rammeln enthüllenden Klamauk etwas zu zensieren gibt, dass ist es das penetrante Product Placement. Annie und Jay verschenken an ihren kompletten Bekanntenkreis iPads, an die ungewollt der Privatfilm geschickt wird. Mit dem Nachbarpärchen (Ellie Kemper, Rob Corddry) jagen beide den iPads hinterher und holen schließlich gegen YouPorn aus. Die Auswirkungen moderner Technik auf die Intimsphäre des Einzelnen hätte eine nette Folie für bissige Satire abgegeben. Fast alle nutzen wir täglich Geräte und Netzwerke, ohne sie richtig zu begreifen und unsere freiwillig, heimlich oder automatisch synchronisierten, kopierten und dispensierten Daten sind nie hundertprozentig vor Zugriffen geschützt. Unsere größte Angst ist nicht etwa Totalüberwachung im Orwell’schen Sinne, sondern sich öffentlich zu blamieren. Genau das tun die Charaktere: nicht etwa mit ihrer Freizügigkeit, sondern ihrer Biederkeit. Auf Sexfilm-Schnitzeljagd bringt das Paar nicht nur sich in Gefahr, sondern seine Kinder.
Die müssen andererseits mit einer Beinahe-Kamikaze-Aktion Jays davor bewahrt werden, Mami und Papi nackt zu sehen. Regisseur Kasdan schätzt physische Gags: Übereinander herfallen ist lustig, noch lustiger hinfallen oder runterfallen. Besonders Jay wird malträtiert, quasi zur Strafe für seine Fahrlässigkeit mit dem Privatvideo. Letztes ist mehr „Jackass“ als „Deep Throat“, aber die geläuterten Protagonisten zahlen für die Geheimhaltung trotzdem; ein Bußgeld im finanziellen und moralischen Sinne.
Fazit
Paare, die trotz Kindern und Karriere Spaß an Sex haben, sind lächerlich, verantwortungslos und überhaupt: Die sollten sich was schämen! Das tun beide dann auch ausgiebig angesichts der für US-Amerikaner offenbar schockierenden Enthüllung, dass ihre Kinder nicht der Storch gebracht hat. „Ich schaue noch ab und zu Pornos.“, gesteht Annie einmal, „Aber die Qualität der Drehbücher hat echt nachgelassen.“ Nicht nur bei Pornos.
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