Man muss mit der Zeit gehen: Das gilt auch für einen alt gedienten Detektiv wie Sherlock Holmes. Die Romanfigur des englischen Arzt und Schriftstellers Arthur Ignatius Conan Doyle ist in den letzten Jahren gefragt wie nie zuvor. Zwei Kinofilme von Guy Ritchie (Sherlock Holmes, Sherlock Holmes – Spiel im Schatten), der Benedict Cumberbatch Karriere-Kickstarter „Sherlock“ der BBC oder die US TV-Serie „Elementary“: Der geniale Schnüffler bleibt beliebt und bietet Spielraum für Neuinterpretationen. Das gilt natürlich auch für die digitale Version des Meisterdetektivs.
„Crimes & Punishments“ ist der Titel des mittlerweile siebten Spiels der ukrainischen Softwareschmiede Frogwares. Die Sherlock-Spezialisten versorgen seit dem Jahr 2002 (Sherlock Holmes: Das Geheimnis der Mumie) tüftelfreudige PC- und Konsolen-Spieler mit kriminalistischen Kopfnüssen. Und auch in dem dieses Jahr erscheinenden Abenteuer scheint erst mal alles beim Alten: Ihr besucht gemeinsam mit Doktor Watson Tatorte, sammelt durch fleißiges Anklicken und Untersuchen zahlloser Gegenstände wichtige Indizien, sprecht mit Zeugen und Verdächtigen und kommt am Ende eurer Ermittlungen zu einem hoffentlich richtigen Ergebnis.
Auch wenn das bewährte Spielprinzip geblieben ist, unterscheidet sich das neue Abenteuer doch erheblich von seinen Vorgängern. Ihr bekommt es nicht mit einem Fall, sondern mit gleich sechs voneinander unabhängigen Taten zu tun. Mord, Diebstahl oder das plötzliche Verschwinden von Menschen sind die vielfältigen Themen, denen ihr im viktorianischen London und Umgebung akribisch nachgehen müsst. Dabei habt ihr jetzt viel mehr Möglichkeiten eure Schlüsse zu ziehen, als stupides Klicken und Sammeln. Mit einer Charakter-Analyse könnt ihr einen Verdächtigen oder Zeugen genau unter die Lupe nehmen, Flecken auf der Kleidung oder Schmuckstücke verraten euch dabei wichtige Hintergrundinformationen. Abhängig von den zuvor gesammelten Informationen, stehen euch dann bei Gesprächen und Verhören deutlich mehr Fragen zur Verfügung.
Als Zugeständnis an moderne Action-Spiele und nicht zuletzt als Hilfe bei mit Gegenständen überfrachteten Schauplätzen verfügt ihr über einen „sechsten Sinn“, der euch auf Knopfdruck Fingerabdrücke und unsichtbare Spuren anzeigt. Seid ihr der Meinung genügend Fakten zusammen getragen zu haben, wird es Zeit für die Schlussfolgerung. Originell: Alle Informationen und ihre Verbindungen untereinander werden in Form von Nervenbahnen angezeigt – quasi ein Blick in das Gehirn des Meisters. Jetzt heißt es entweder weiteren Spuren nachgehen oder ein endgültiges Urteil zu fällen. Entscheidet ihr euch für einen Täter, führt Inspector Lestrade die Verhaftung durch.
Aber: Ob ihr nun zu dem richtiges Ergebnis gekommen seid, wird euch nicht unmittelbar mitgeteilt. Eure Entscheidung kann durchaus schlüssig, aber falsch sein und einen Unschuldigen hinter Gittern bringen. Erst auf optionalen Kopfdruck werden die Lösungen angezeigt und eure Ermittlungskünste bewertet. Ein erstmal ungewöhnliches Konzept, dass aber auch großzügige Entscheidungsfreiheit im Spiel erlaubt. So ist ein Abschluss eines Falls möglich, ohne das die Spielmechanik darauf beharrt, dass ihr auch jeden Pixel zweimal nach einem versteckten Hinweis untersucht habt. Ein weiterer Vorteil: Lust auf erneutes Spielen einer Episode mit einem anderen Ausgang.
Playstation Trailer
Grafisch kann „Crimes & Punishments“ durch den Einsatz der etwas in die Jahre gekommenen, aber leistungsfähigen Unreal Engine 3 profitieren. Schicke Licht- und Schatteneffekte und detailreiche Szenarien bieten während der Kopfarbeit auch das passende Ambiente. Gut: Mini-Spiele wie das zielsichere Werfen von Harpunen oder mit Quick-Time-Events gespickte Schlägereien lockern die trockene Detektivarbeit auf, ohne zu nerven.
Erscheint 2014 für PC, PS3, PS4, Xbox 360
http://www.sherlockholmes-thegame.com
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Ulrich Wimmeroth