Shin Gojira, JP 2016 • 120 Min • Regie: Hideaki Anno, Shinji Higuchi • Drehbuch: Hideaki Anno • Mit: Hiroki Hasegawa, Yutaka Takenouchi, Satomi Ishihara, Ren Ôsugi, Jun Kunimura, Akira Emoto • Kamera: Kosuke Yamada • Musik: Shiro Sagisu • FSK: ab 12 Jahren • Verleih: Splendid Film • Kinostart: 3.05.2017 • Deutsche Website
Bedrohliche Stampfgeräusche und ein ohrenbetäubendes Kreischen kündigen ihn bereits zu Beginn an: Godzilla, das beitragsreichste Monster der Kinogeschichte ist zurück! Nach Gareth Edwards' düsterer US-Interpretation des Stoffes (von Roland Emmerichs erbärmlichem Versuch von 1998 wollen wir am besten gar nicht anfangen) legt nun das japanische Original-Studio Toho persönlich einen nach. Unter der Regie von Hideaki Anno und Shinji Higuchi wird in „Shin Godzilla“ erneut das leidgeplagte Tokyo in Schutt und Asche gelegt. Der Aufwand hat sich gelohnt, denn in der Heimat hat das Werk die Lichtspielhäuser im Sturm erobert und darf sich inzwischen als umsatzstärkstes Kapitel im Franchise behaupten.
Eine verlassene Yacht an der Bucht Tokyos gibt der Küstenwache Rätsel auf. Bis kurz darauf eine unbekannte Kraft das Schiff zerstört und eine Flutwelle das Land erreicht. Verschiedene Theorien werden von den verantwortlichen Behörden präsentiert – ein Vulkanausbruch oder der Einschlag eines Torpedos etwa -, bis schließlich Nachrichtenbilder die erschreckende Wahrheit ans Tageslicht befördern: Eine riesige Kreatur bahnt sich ihren Weg in Richtung Stadt und keine Gewehrsalven vermögen das reptilartige Wesen zu stoppen. In das Geschehen schalten sich bald auch die USA ein, die bereits über Informationen zu dem Godzilla genannten Aggressor verfügen. Da der Koloss zusätzlich eine radioaktive Spur nach sich zieht und mit der Zeit an Stärke gewinnt, ist schnelles und effektives Handeln gefordert. Doch eine festgefahrene Hierarchie und verschiedene führende Köpfe blockieren den Prozess. Während Japan trotz institutioneller Querelen noch relativ besonnen agiert, bekommen die US-Entscheider auf der Stelle kalte Füße, als die Neuigkeit die Runde macht, Godzilla könne sich im Verlauf auch die Fähigkeit zum transatlantischen Flug aneignen. So ein Monster wollen die Amis nicht bei sich haben – und so wird rasch die Möglichkeit, den Feind und damit auch große Teile der Stadt mit einer Bombe auszuradieren, in den Raum gestellt …
So gelungen Edwards' Hollywood-„Godzilla“ (2014) über weite Strecken auch sein mag – den Japanern ist dessen direkte Anspielung auf die noch recht frische, verheerende Fukushima-Katastrophe aus dem Jahre 2011 sicher nicht besonders bekommen. Im Gegensatz zu diesem bitterernsten und stockfinsteren Blockbuster setzt das Duo Hideaki Anno und Shinji Higuchi trotz aller Action wieder auf den klassisch-leichten Ton der Ursprünge. „Shin Godzilla“ ist ein durch und durch positiver Film, der sich nicht an niederschmetternden Tragödien aufhängt, sondern an Menschen interessiert ist, die Lösungen entwickeln. So steht auch nicht bloß ein Held im Mittelpunkt der Handlung, sondern diverse Individuen und Abteilungen, die Hand in Hand arbeiten müssen – und sich gelegentlich auch mal aneinander stoßen. Nicht zuletzt aufgrund des Hiroshima-Traumas ist das US-Vorhaben mit der kompletten Zerstörung für die Japaner keine besonders akzeptable Option. In Zeiten, in denen sich weltweit wieder ernste Konflikte zwischen den Nationen anbahnen, ist das Werk auch inhaltlich durchaus als interessant einzustufen. Selbst die Deutschen bekommen augenzwinkernd kurz ihr Fett weg, wenn ein garstiger Landsmann Japan wichtige Dokumente vorenthalten will.
Bevor jetzt jemand denkt, die zweistündige Arbeit bestünde nur aus politischen Diskussionen und taktischem Geplänkel: Es dauert gerade mal acht Minuten, bis das Publikum Godzis Schwanz zum ersten Mal erblicken darf, und nach einer halben Stunde sind bereits beachtliche Teile Tokyos dem Erdboden gleichgemacht. Die Regisseure drücken trotz vieler Dialogszenen aufs Gaspedal, lassen den Riesen trampeln und speien, während gleichzeitig Geschwader aus Panzern und Helikoptern anrücken und aus allen Rohren feuern. Nun mögen die Spezialeffekte sicher nicht so aufwändig und perfekt sein, wie in den teuren US-Umsetzungen (manche Tricks sehen sogar grottig aus) – dafür wirkt das Szenario mit ordentlicher Bilderwucht auf die Zuschauer ein und wird von einem temporeichen Schnitt und treibenden, perkussiven Klängen zusätzlich unterstützt. Auch wenn ich in meiner Kindheit diverse Filme der Serie gesehen habe, würde ich mich eher nicht als besonderen Spezialisten dieser bezeichnen. Somit habe ich das inzwischen 29. Toho-Abenteuer Godzillas auch ohne spezifische Erwartungen auf mich wirken lassen und diesen mal nicht aus der Traumfabrik stammenden Kracher, der außerdem mit einem realen Bezug und satirischen Untertönen hervorsticht, durchaus genossen. Vor allem der Mix aus moderner Filmtechnik und so manchem billigen Effekt hat einen gewissen Charme.
Kurzum: Wer einfach einen unterhaltsamen Kinoabend verbringen möchte, ist hier richtig – „Shin Godzilla“ rockt das Haus!
Die Screening-Termine sind auf der Offiziellen Website zu finden.
Trailer