Vorgestern feierte im vollen Kölner Weißhaus-Kino der düstere deutsche Psychothriller Stereo (bundesweiter Kinostart: 15.05.2014) seine NRW-Premiere und die Stars des Films Moritz Bleibtreu und Jürgen Vogel, die nach Oskar Roehlers Quellen des Lebens erst zum zweiten Mal gemeinsam auf der Leinwand zu sehen sind, haben es sich nicht nehmen lassen, gemeinsam mit dem Regisseur Maximilian Erlenwein über den roten Teppich zu schreiten und den Film dem Kölner Publikum persönlich vorzustellen.
Für die Handlung des Films gilt: je weniger man darüber weiß, desto größer der Genuss im Kino. Grob umschrieben handelt Stereo vom Automechaniker Erik (Jürgen Vogel), der sich in einem ländlichen Idyll mit seiner neuen Freundin von einem stressigen Leben erholt. Alles läuft wie am Schnürchen, bis ein geheimnisvoller Fremder (Moritz Bleibtreu) plötzlich auftaucht und dafür sorgt, dass Eriks Leben völlig aus den Fugen gerät.
Auch Filmfutter war für Euch dabei und hat nicht nur den Regisseur und die beiden Filmstars am roten Teppich interviewt, sondern hatte auch die Gelegenheit, mit Bleibtreu und Vogel hinterher ein sehr interessantes und aufschlussreiches Interview zu führen, das Ihr bei uns kommende Woche nachlesen könnt. Bereits vor dem Interview konnten wir aber am roten Teppich die ersten O-Töne der Stars und des Regisseurs einsammeln. Obwohl sie alle schon zahlreiche Interviews zum Film hinter sich gebracht haben, allen voran bei der großen Weltpremiere des Films im Rahme der diesjährigen Berlinale, wirkten die Darsteller und der Regisseur extrem gut aufgelegt, ohne jegliche Starallüren und sprachen mit Begeisterung und Elan von ihrem neuen Film – einem Film, der viel Aufmerksamkeit und Berichterstattung verdient, denn er gehört nicht zu dem, was die Kinogänger vom deutschen Kino gewöhnlich erwarten und könnte es deswegen trotz der Starbesetzung vielleicht anfangs nicht leicht haben. Das wäre allerdings sehr schade, denn obwohl Ihr unsere ausführliche Filmrezension auch erst kommende Woche hier findet, sei so viel schon verraten: Stereo ist ein sehr lohnenswerter Film und führt einem vor, dass das deutsche Kino zu mehr in der Lage ist, als man es ihm manchmal zutraut.
Zuerst hatten wir den Regisseur Maximilian Erlenwein vor dem Mikro. Für ihn ist Stereo erst sein zweiter Langfilm nach Schwerkraft aus dem Jahre 2009 (bei dem er bereits mit Jürgen Vogel zusammengearbeitet hat. Trotz der kurzen Filmografie hat Erlenwein jetzt schon bewiesen, dass er großes Regietalent besitzt und man auf jeden Fall ein Auge auf seine Projekte haben muss. An dieser Stelle eine kurze Warnung, denn die rot gekennzeichnete Frage an den Regisseur enthält einen SPOILER zum Film. Allen, die den Film nicht kennen, empfehle ich, diese zu überspringen:
Auf die Frage hin, was ihn zu Stereo inspiriert hat:
Ich habe vor 4-5 Jahren Mein Freund Harvey mit James Stewart gesehen, in dem er von einem zweieinhalb Meter großen Hasen verfolgt wird, den niemand sehen kann. Das war die allererste Initialzündung.
…weshalb wir in deutscher so wenige Filme aus dem Thriller-Genre haben:
Das ist eine komplexe Frage. Es hat sich in Deutschland nie eine richtige Tradition für das Genrekino aufgebaut. Irgendwie wurden in den neunziger Jahren nur noch Komödien gemacht und es hat sich irgendwie im Kino so etabliert, dass die Zuschauer es gar nicht mehr gewohnt sind, dass Genrefilme bzw. Thriller im Kino aus Deutschland kommen. Ich glaube, da muss erst einmal eine Barriere abgebaut werden, damit die Zuschauer wieder Vertrauen zum deutschen Genrefilm finden bzw. es wieder wertschätzen.
…ob das Filmende immer so feststand, wie es letztlich im Film zu sehen ist oder ob auch mal ein glücklicheres Ende geplant war
Für mich ist es ehrlich gesagt ein "Happy End". Wir haben natürlich verschiedene Möglichkeiten durchgedacht, aber eigentlich gab es nicht viel daran zu rütteln. Das Ende stand relativ früh fest und wir haben es auch so durchgezogen.
…ob auch die Schauspieler für den Film früh feststanden:
Mit Jürgen Vogel habe ich schon einen Film gemacht, Schwerkraft, und hatte ihn beim Schreiben für die Rolle im Kopf. Als sich dann herauskristallisiert hat, dass die Figur von Erik einen sehr starken Counterpart braucht, sind wir ganz schnell auf Moritz Bleibtreu gekommen. Da gab es also nie einen anderen Namen im Spiel.
…ob trotz düsterer Stimmung im Film, es am Set trotzdem entspannt und heiter zuging:
Ich habe immer das Gefühl, dass es immer das Gegenteil ist. Bei düsteren Filmen ist die Stimmung am Set häufig sehr gut und bei Komödien dann andersherum. Bei Komödien muss man ja die Sachen sehr häufig wiederholen, das Timing muss stimmen und das ist dann auch unbedingt lustig. Bei ernsten Szenen in Stereo hatte ich das Gefühl, dass je ernster die Szene mit Jürrgen (Vogel) war, desto mehr hat er vorher entertaint und desto mehr brachte er sich vorher zum Lachen, einfach um Ausgleich zu schaffen.
…ob er sich im Vorfeld mit der menschlichen Psyche und mit der Verdrängung befasst hat:
Ja. Früher heiß der Film noch Schatten und nicht Stereo und es gibt eine Theorie von C. G. Jung über Schatten und Persona. Persona ist die sozial verträgliche Seite eines Menschen, die stets im Vordergrund steht, während Schatten die unterdrückten dunklen Triebe darstellt. Damit habe ich mich schon beschäftigt. Das hat mich inspiriert. Ich habe mir aber nicht auf die Fahne geschrieben, mit dem Film besonders psychologisch treue Theorien zu vertreten.
Kurz darauf hatten standen uns auch das dynamische Duo Moritz Bleibtreu und Jürgen Vogel am roten Teppich Rede und Antwort. Die beiden ergänzen sich großartig in Kombination großartig und die schauspielerische Chemie ist im echten Leben genauso spürbar, wie im Film.
Auf die Frage hin, was die beiden am Drehbuch am meisten fasziniert hat:
Jürgen Vogel: Dieses Drehbuch und dieser Film ist für uns wie ein Abenteuer-Spielplatz, an dem du jedes Gerüst und jede Rutsche ausprobieren darfst und dich tierisch darüber freust. Für einen Schauspieler ist dieses Drehbuch ein Geschenk. Die Geschichte war gut, spannend. Es war auch eine richtige Herausforderung, ich hatte tolle Partner – nicht nur Moritz, sondern auch alle anderen Schauspieler, die neben uns im Film waren, bis in die kleinsten Rollen. Alle hatten Bock darauf. Für uns war das wie eine Klassenfahrt unter Schauspielern, die einen geilen Film machen dürfen.
…ob Jürgen Vogel sich auch vorstellen könnte, den Bösen zu spielen.
JV: Ich kann mir fast alles vorstellen. Das ist ja auch das Problem als Schauspieler. Du kannst dir so viele Sachen vorstellen, wenn du viel Fantasie hast. Sicher, das werde ich auch noch machen.
Moritz Bleibtreu: Wir drehen den Film einfach nochmal und drehen die Rollen um. Ich spiele Jürgens Rolle und er meine. (lacht)
…ob Moritz Bleibtreu gerne das Arschloch spielt:
MB: Das würde bedeuten, dass man sich Gedanken darüber macht, ob eine Figur negativ oder positiv wahrgenommen wird. Das ist mir aber scheißegal. Es geht darum, einer Figur Wahrhaftigkeit zu verleihen, die Figur zu verstehen und vielleicht von der Figur etwas für sich zu lernen. Es geht mir nie darum, gut oder böse, cool oder uncool zu spielen.
…ob sie finden, dass es besser sei, wenn ein Film negative Reaktionen hervorruft, als dass er gar keine Reaktionen hervorruft:
JV: Ja, ich finde das tatsächlich besser.
MB: Ich halte das für kokett. Mir ist es lieber, wenn mich jemand in Ruhe lässt und mir nicht sagt, wie scheiße er mich findet (Jürgen Vogel lacht). Kann sein, dass es stimmt, aber ich sehe das nicht so. Nach dem Motto: Danke dass du mich so scheiße fandest, aber es ist viel besser, als wenn du gar nichts gesagt hättest (beide lachen).
Wer mehr von Stereo und seinen beiden grandiosen Hauptdarstellern lesen möcht, sollte nächste Woche wieder bei uns reinschauen.