Tarzan 3D, D 2013 • 94 Min • Regie: Reinhard Klooss • Mit Originalstimmen von: Kellan Lutz, Spencer Locke, Brian Bloom, Jaime Ray Newman, Trevor St. John • Mit deutschen Stimmen von: Alexander Fehling, Lena Meyer-Landrut, Kai Wiesinger, Wigald Boning, Ben Becker • FSK: ab 6 Jahren • Kinostart: 20.02.2014 • Deutsche Website
„Dieser Überlebenskampf, diese unglaubliche Energie und der Glaube an sich selbst und die eigene Spezies!“, schwärmt Produzent Robert Kulzer von Edgar Rice-Burroughs Vorlage, „Das müsste eigentlich eine unglaubliche Abenteuergeschichte ergeben.“ Müsste eigentlich. Umso enttäuschender ist sein inszenatorisch und optisch gleichermaßen tumbes Animations-Werk, dessen aseptische Bilder in 3D erst ihre ganze Fantasielosigkeit entfalten. Der Überlebenskampf immerhin beherrscht das, was zur schnöden Teenie-Romanze verkommen ist, von der ersten Szene. Letzte beginnt im All mit einem Meteorit, dessen Einschlag den Überlebenskampf für die Dinosaurier beendet. Wer jetzt moniert, dass Rice-Burroughs vor 100 Jahren in „Tarzan of The Apes“ keinen Meteorit erwähnt, ist total kleinkariert! An anderer Stelle nimmt es Regisseur, Co-Produzent und Drehbuchautor Reinhard Klooss mit der Vorlage dafür umso genauer. Jane (Spencer Locke) ist werkgetreu der Prototyp der „TKKG“-Gabi: ein weibliche Figur, die nur existiert, um den Helden anzuschmachten und ihm etwas zum Retten zu geben. Janes Hobbys sind gefangen genommen werden, von Wildtieren bedroht werden und an Klippen hängen. Das sorgt für eine aberwitzige Anzahl buchstäblicher Cliffhanger, denn im kriegsfreien, unversehrten Dschungel Zentralafrikas sind Klippen Gefahrenquelle Nummer eins für Mensch und Tier.
Kinderzuschauer lehrt „Tarzan 3D“, dass Dschungeltiere nicht durch die Gier von McDonald’s oder Gen-Food-Konzernen in ihrer Existenz bedroht werden, sondern durch ihre eigene Unbeholfenheit. Im Kontrast dazu ist der Titelheld (Kellan Lutz) die Krone der Schöpfung wie in der Roman-Reihe, deren repetitiver Plot in die Gegenwart verlegt und verkrampft auf cool getrimmt wurde. Der kernige New Yorker Geschäftsmann John Greystoke (Mark Deklin) will mit Gattin Alice (Jaime Ray Newman) und dem kleinen Sohn Jayjay in den Großstadtdschungel zurückkehren. Anders als sein Partner Porter (Les Bubb) bezweifelt er die Legenden von einem im Urwald versteckten Meteoriten voll außerirdischer Energie. Eben jenes Meteoriten, der augenscheinlich genau vor der Camp-Pforte liegt und dessen Strahlung Greystokes Helikopter auf dem Heimflug abstürzen lässt. Den Absturz überlebt nur Jayjay, den das verwitwete Gorilla-Weibchen Kala adoptiert. Ansatzweise naturnahe Verhaltensdarstellung verachtet Klooss scheinbar so sehr wie Figurenaufbau. Wer gut und böse ist, statuiert der theatralische Hintergrunderzähler: „Für Tublat, den neuen, bösen Anführer, blieb Tarzan ein Dorn im Auge.“ Noch mehr als für den Chef der Affenbande ist Tarzan das für den skrupellosen Unternehmer Clayton (Trevor St. John). Der CEO von Geystoke Energies hat mit dem Meteoriten eigene Pläne, für die er Jane benutzt.
Porters engagierte Tochter hat als Teenager ihre erste Zusammenkunft mit dem Urwald-Jüngling und harrt eines Wiedersehens. Janes Traumboy Tarzan gleicht einer Slacker-Version von Ken: er ist getreu seines Namens, der „Affe ohne Haare“ bedeutet, haarlos wie nach einer Laserbehandlung, trotz seiner strotzenden Virilität nicht nur frei von animalischen, sondern menschlichen Trieben wie Zorn und Lust und von einer unwahrscheinlichen Lerngeschwindigkeit. Die antiquierte Story vom Weißen als rechtmäßigen Herrscher eines romantisierten Urwaldreichs und sozialdarwinistischer Überlegenheit einer adeligen Elite, die den gebürtigen John Clayton III., Lord Greystoke, zum Edelsten aller Wilden machen, besitzt nirgendwo jene von Kulzer erwähnte „unglaubliche Energie“. Man ahnt lediglich die kommerzielle Energie hinter dem lukrativen Deal um die Rechte. „Es waren alle sehr überrascht, dass eine deutsche Firma den Zuschlag bekommen hat.“, so der ausführende Produzent Martin Moszkowitcz, „Sowohl Disney als auch alle anderen in Hollywood.“ Besonders überrascht dürfte Disney über Tarzans verdächtig an ihren „Tarzan“ von 1999 erinnerndes Aussehen sein. Doch selbst mit der eher schwachen Disney-Version kann der 3D-Tarzan nicht konkurrieren.
Fazit
Der „Glaube an sich selbst“ ist wohl die Selbstüberschätzung des Filmemachers, der bereits 2010 mit „Konferenz der Tiere“ eine in der Wildnis angesiedelte Buchvorlage mangelhaft umsetzte. Und der „Glaube an die eigene Spezies“? Ist nach dem Kinobesuch schwer angeschlagen. Zumindest auf cineastischer Ebene.
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