The Drop, USA 2014 • 106 Min. • Regie: Michaël R. Roskam • Mit: Tom Hardy, James Gandolfini, Noomi Rapace, Matthias Schoenaerts, Michael Esper, John Ortiz • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 4.12.2014 • Deutsche Webseite
Jammerschade, es ist nun soweit: Der letzte große Leinwandauftritt des Schauspielerschwergewichts James Gandolfini ist gekommen und heißt „The Drop – Bargeld“. Gandolfini kennt man aus alten, dreckigen Killer-Nebenrollen („True Romance“) bis hin zu sympathischsten Darbietungen in modernen Beziehungskomödien („Genug gesagt“), oder gar als abgeklärter Serienstar in „Die Sopranos“. In seinem letzten Film spielt er an der Seite des ebenfalls sehr talentierten Tom Hardy („No Turning Back“, „The Dark Knight Rises“) und man weiß erst nicht recht, wer in dem ruhigen Crime-, Gangster-, Thrillerdrama mehr glänzt. Letzten Endes ist es dann Tom Hardys sensible, distinguierte Darstellung des besonnen Barkeepers in Brooklyn, der hinter der Fassade fast immer unberechenbar wirkt, was den Film angesichts kleinerer Leerläufe und einer Ladung Handlungsvorhersehbarkeit trotzdem interessant macht.
Bob Saginowski (Tom Hardy) schlägt sich als Barkeeper in einer Bar in Brooklyn durch das kratzbürstige Leben. Betrieben wird die Spelunke von seinem raubeinigen Cousin Marv (James Gandolfini). In Brooklyn wechselt schmutziges Geld die ganze Nacht die Hände von Gaunern und Mobstern und landet schließlich in einem „Drop“. Manchmal ist es dieser, manchmal jener Ort, aber manchmal wird auch die Bar der beiden Cousins auserwählt; jeder weiß Bescheid und weiß, wie man diskret bei der Sache vorgeht. An einem dieser Abende reißen maskierte Räuber die schmutzige Kohle an sich und die eigentlichen Besitzer verlangen das Geld schließlich von Bob und Marv zurück. Nun gilt es, das dreckige Spiel aufzudecken. Fragen zu klären, wer hier mit gezinkten Karten spielt. Gleichzeitig gerät auch Bobs Schwarm Nadia (Noomi Rapace), die ihm bei der Aufzucht eines weggeworfenen und verlassenen Hundes hilft, erneut in den unangenehmen Dunstkreis eines rabiaten Ex-Freundes namens Eric (Matthias Schoenaerts).
Der belgische Regisseur Michaël R. Roskam versucht seinen Thriller in dem rauen, unwirtlichen Umfeld des „Blue Collar“-Arbeitermilieus in Brooklyn zu etablieren. Dabei verrennt er sich in seiner Geschichte leider zu schnell in Plattitüden wie z.B. „Leg‘ dich nicht mit den Jungs aus der Nachbarschaft an.“, oder „Leute hatten mal Respekt vor mir, standen auf, fürchteten mich und das bedeutete etwas.“ Dass der Film selbst eher (fast zu) ruhig, unprätentiös und zurückhaltend daherkommt, ist auch neben der inszenatorischen Entschleunigung Tom Hardys Verdienst, der zwar in seinen Augen brodelt, aber es zum überschäumenden Knall meist gar nicht kommen lässt. Um 8 Uhr morgens geht Bob zwar pflichtbewusst in die Kirche, verweigert aber die Teilnahme am Abendmahl. Ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass der zahm wirkende Kneipier doch eine düstere Vergangenheit hat? Nun, die Momente mit dem undurchsichtigen Eric sind in Folge dessen voller Elektrizität, weil der Zuschauer nie weiß, ob oder was jederzeit passieren mag. Von der Beziehung zwischen Nadia und Bob kann man dahingegen allenfalls mit dem Adjektiv „lauwarm“ jonglieren. Noomi Rapace ist eine gute Darstellerin (die schwedische „Millennium“-Trilogie) und hier von einer Fehlbesetzung zu reden, wäre vielleicht zu weit gegriffen, doch wurde sie damals in „Prometheus – Dunkle Zeichen“ schon mal fehlbesetzt. Leider ist der lokale Detective (John Ortiz) ebenfalls eine zu leichtfüßig dreingrinsende Figur mit wenig Gewicht. Eine Anmerkung am Rande – auch auf die Gefahr hin als O-Ton-Fetischist gebrandmarkt zu werden: Tom Hardy imitiert hier wieder (zuletzt in „No Turning Back“ mit einem kaukasischen Akzent) ein klasse Timbre und macht sich den Brooklyn-Slang zu eigen.
James Gandolfini verleiht seinem behäbigen Charakter auf jeden Fall auch eine gefährliche Aura, sodass der Kinosaal lange im unklaren darüber gelassen wird, wer von den beiden, Bob oder Marv, zuerst die Schnauze davon voll hat, mit den Miesigkeiten und Unwägbarkeiten eines „Drops“ überhäuft zu werden. Einer von beiden wird sicherlich irgendwann genug haben und dieses unkalkulierbare Brodeln hinter der Maske transportiert Gandolfini ebenso wie Hardy mit Bravour, wobei Hardy eher brilliert als der verstorbene Mafia-Altmeister des Genres. Gegen Ende des Films wird es dann leidvoll zu offensichtlich, wer hier eigentlich wen und warum abzocken will; uncooler Move für einen Film mit erzählerischen Anspruch auf Twists und Verwirrung. Das Finale fällt dementsprechend auch weitestgehend so aus, wie es ab circa der Mitte des Films suggeriert wird, aber erfreulicherweise ohne Pathos oder künstlicher Tragik. Rau und ohne Mitgefühl. Das ist Konsequenz.