The Hallow, GB 2015 • 97 Min • Regie: Corin Hardy • Drehbuch: Corin Hardy, Felipe Marino • Mit: Joseph Mawle, Bojana Novakovic, Michael McElhatton, Michael Smiley • Kamera: Martijn van Broekhuizen • Musik: James Gosling • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: MFA + Filmdistribution • Kinostart: 31.12.2015
Mit dem Monsterhorror „The Hallow“ legt der Musikvideoregisseur Corin Hardy (u.a. Clips für Biffy Clyro und The Prodigy) ein Spielfilmdebüt vor, das sich sehen lassen kann und ihm mit einiger Sicherheit das Tor zur Traumfabrik öffnen wird. Grund dafür ist dann weniger das aus Versatzstücken und Zitaten (vor allem John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ und Sam Raimis „Tanz der Teufel“-Original lassen grüßen) zurechtgebastelte Drehbuch, sondern die Fähigkeit des jungen Briten, die bekannten Elemente vor der Kamera souverän zu einem durchweg unterhaltsamen neuen Werk zusammenzufügen. Hier kommt ein Filmemacher, der sein Handwerk und vor allem das Genre bestens versteht – und dafür muss er letzteres zum Glück auch gar nicht krampfhaft verbiegen oder ironisch brechen. „The Hallow“ ist ein angenehm altmodischer Horrorvertreter mit einer schönen Einbettung in irische Volksmärchen, die den Film sogar ein wenig in den Fantasykreis eines Guillermo del Toro („Pans Labyrinth“) rücken lässt.
„Das hier ist nicht London. Hier knarrt und kracht es in der Nacht.“ – Das muss sich das Paar Clare (Bojana Novakovic) und Adam Hitchens (Joseph Mawle), das mit seinem Baby Finn den berufsbedingten Schritt aus der belebten Großstadt ins ruhige irische Waldidyll gewagt hat, von der Ortspolizei anhören, nachdem irgendetwas eine Fensterscheibe eingeschlagen und das Kinderzimmer verwüstet hat. Es könnte ein Vogel gewesen sein, gibt der desinteressierte Beamte zu bedenken. Obwohl die Iren ja oftmals für ihre Dickköpfigkeit bekannt sind, leuchtet die Theorie eines ebensolchen Federviehs den besorgten Eltern nicht recht ein und Angst macht sich langsam im finsteren Haus breit. Vor allem nachdem der beharrliche Nachbar vehement Warnungen vor kinderstehlenden Walddämonen ausgesprochen, Papa Adam einen mysteriösen Pilz, dessen Zellen offenbar andere Lebensformen infiltrieren können, von einem Tierkadaver abgetragen hat und die Autotür von irgendwelchen Klauen zerfetzt worden ist. Das bald ausgesprochene „Wir müssen hier weg!“ wird im Gegensatz zu manch anderer Genreproduktion endlich brav befolgt, nur gestaltet sich die Flucht aus der rauen Natur als durchaus schwierig: Der Schrecken des Waldes bläst erbarmungslos zum Angriff …
Einen unterschwelligen Minikommentar zur Griechenlandkrise kann sich Corin Hardy zu Beginn des Films nicht verkneifen und auch der obligatorische Schock zum Ende des Abspanns darf leider nicht fehlen. Abgesehen von diesen verzeihbaren Mankos und dem bereits angeführten Mangel an echter Eigenständigkeit, meistert der Regisseur „The Hallow“ mit bemerkenswertem Geschick; sein außerordentliches Gespür für dichte Atmosphäre und passendes Timing beißen sich nicht mit dem Fuß auf dem Gaspedal. Denn die Schaudermär nimmt rasch an Fahrt auf, nachdem die ersten Regeln gesetzt sind. Eisengitter beschützen, Licht tut weh – was bei anderen Wesen der Nacht funktioniert, das behindert auch diesen hartnäckigen Magic Mushroom und seine Geschöpfe. Und vor allem: So etwas kann man den Zuschauern ohne großen Zeitaufwand schnell eintrichtern, das kennen sie schon zur Genüge aus anderen Produktionen. So bleibt mehr Raum, um das zu präsentieren, was Genrefans an „The Hallow“ besonders ansprechen dürfte – die Liebe zu handgemachten, analogen Spezialeffekten zum Beispiel, die hier wirklich sehr gelungen sind und Erinnerungen an Klassiker aus den späten Siebzigern und frühen Achtzigern hervorrufen. Das meiste spielt sich in der Dunkelheit ab und das ist auch richtig so. Allerdings ist dieser Umstand allein der Stimmung geschuldet und je mehr die Action zunimmt, desto mehr werden uns selbstverständlich auch die Kreaturen vor Augen geführt.
So bleibt „The Hallow“ für mich erstmal definitiv der beste Film, in dem jemals ein Pilz einen Automotor lahmgelegt hat und auch sonst kann man Horrorliebhabern eine warme Empfehlung für dieses ambitionierte Creature Feature aussprechen. Den Ausgang hätte ich mir vielleicht ein wenig anders gewünscht, vor allem da Corin Hardy gegen Ende ein nettes Entscheidungsspielchen mit den Protagonisten und damit auch den Zuschauern treibt. Wo in naiven Hollywoodblockbustern wie „Avatar“ immer wieder in Form von millionenteuren Computereffekten der Weg aus der technisierten Welt zurück zu Mutter Natur gepredigt wird, sind es bei Hardy erfrischenderweise die engagierten Hippies, die der unberechenbaren „Hölle Wald“ entfliehen müssen.
Wie dem auch sei: Nach Edgar Wright („Shaun of the Dead“), Neil Marshall („The Descent“) und Ben Wheatley („Sightseers“) wird mit Corin Hardy ein weiteres britisches Talent in Zukunft die Leinwände erobern. Mark my words.
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