The Program, FR/GB 2015 • 103 Min. • Regie: Stephen Frears • Mit: Ben Foster, Chris O’Dowd, Lee Pace, Jesse Plemons, Dustin Hoffman, Bryan Greenberg, Guillaume Canet • FSK: ab 0 Jahren • Kinostart: 8.10.2015 • Deutsche Website
Dass Radsport und Doping irgendwie in Verbindung stehen, dürfte mittlerweile wohl jedem klar sein, und wer nicht jahrelang auf dem Mond gelebt hat, dürfte auch den Namen Lance Armstrong dort einordnen können. The Program – Um jeden Preis ist nun bereits der dritte Film, der sich mit dem Dopingskandal im Radsport auseinandersetzt und sich auf den "erfolgreichen" Fahrer als Epizentrum des Eklats bezieht. Erst vor knapp zwei Jahren gestand Armstrong das erste Mal öffentlich gedopt zu haben. Bis dahin war es jedoch ein langer Weg, verschwommen durch Lügen und Verleugnung von allen Seiten. The Program macht es sich auf keinen Fall einfach und hält somit großen Abstand davon, Armstrong blind zu dämonisieren. Mit Samthandschuhen wird der Betrüger natürlich auch nicht angefasst. Regisseur Stephen Frears (Philomena) ist stets bemüht, Armstrong von einer menschlichen Seite zu betrachten, seine Motivationen realistisch offenzulegen und einen nüchternen Blick auf seine Entwicklung zu erlauben.
Schon in der allerersten Szene des Films – Armstrong und Journalist David Walsh (Chris O’Dowd) spielen Tischfußball – merken wir, wie wichtig Gewinnen für ihn ist, und das in jeder Lebenssituation. Kurze Zeit später arg von seiner Krebserkrankung zurückgeworfen, wird seine Entscheidung zum Dopen sogar relativ nachvollziehbar, wenn auch in keiner Weise glorifiziert oder gerechtfertigt. An das moralische Denken wird durch David Walsh immer wieder appelliert. Der Journalist – übrigens Autor des Buches "Seven Deadly Sins", auf dem der Film basiert – wandelt sich über die Zeit zur Bezugsperson für den Zuschauer, während Lance Armstrong dagegen immer unsympathischer wird. Mit einer gruselig guten Performance, leistungstechnisch und von der Erscheinung her irgendwo zwischen den beiden Hauptakteuren in Foxcatcher, verkörpert Ben Foster (Lone Survivor) den langsam zerbrechenden Mann nahezu oscarreif. Foster ist das pumpende Herz unter dem ziemlich stringenten Erzählungskörper, der eigentlich nur die bekannten Punkte abklappert. Dabei mutet der Film manchmal fast schon dokumentarisch an, die meiste Zeit ist The Program jedoch ein relativ spannender Politthriller mit dramatischem Einschlag.
Fosters Leistung rettet auch darüber hinweg, dass man sich erzählerisch etwas zu sehr an Armstrong orientiert. Denn auch dem Debakel um Armstrongs Kollegen Floyd Landis (ebenfalls super: Jesse Plemons) hätte man sich durchaus intensiver widmen können, das Gleiche gilt für die Gesamtsituation des Radsports durch David Walsh. Letzterer Aspekt ist nämlich vor allem dann hochinteressant, wenn es um die Schuldsuche geht, die der Film lange nicht nur in den Dopingkreisen sieht. Denn dass die Fans ihren Sport verteidigen und die Leute hinter den Medien kein Risiko eingehen wollen, trägt ebenso zur Verschlimmerung bei. In diesen Momenten reißt The Program zudem ein immer noch hochaktuelles Thema an, greift es aber leider nie wirklich auf. Auch visuell hat der Film einige wunderschön eingefangene Rennszenen zu bieten. Und auch einen kleinen Witz, bei dem die Namen Matt Damon und Jake Geyllenhaal (oder war es doch Gyllenhaal) fallen.
Fazit
Wer sich mit der Geschichte rund um den skandalösen Radsportler Lance Armstrong nicht auskennt, wird sich trotzdem an Ben Fosters herausragender Leistung und anderen Kleinigkeiten erfreuen können. Auf alle anderen warten 103 Minuten spannender Spielfilm-Aufklärung im Politthriller-Gewand.