The Rover, AU/USA 2014 • 103 Min • Regie: David Michôd • Mit: Guy Pearce, Robert Pattinson, Scoot McNairy, Anthony Hayes, David Field, Jamie Fallon • FSK: ab 16 Jahren • Heimkino-Start: 31.10.2014 • Verleih: Senator Film • Internationale Website
„The Rover“ mit Guy Pearce und Robert Pattinson bildete die Speerspitze des diesjährigen Fantasy Filmfestes. Direkt als auftaktgebender Film, zeigte „The Rover“ wieder einmal, dass bei dem Fantasy-Spektakel nicht viel mit Mainstream-Produktionen zu rechnen ist. Das ist auch gut so, denn liest man sich tägliche News-Meldungen auf einschlägigen Filmseiten durch, findet der gelangweilte Leser zahllose Berichte über wiederkäuende Reboots. Der Australier David Michôd bot mit seinem Regiedebut „Königreich des Verbrechens“ (ebenfalls mit Guy Pearce und einer Oscarnominierung für Jackie Weaver) einen abgründigen Blick in die Unterwelt von Melbourne. Sein Werk „The Rover“ ist gleichfalls wenig glattgebügelt, sondern verkommen, dreckig, karg und geradlinig. Im australischen Outback dürfen Guy Pearce und Robert Pattinson (der Glitzervampir aus Twilight) zeigen, was sie als Charakterdarsteller drauf haben. Von Herrn Pearce kennt man top Leistungen zu Genüge, doch Robert Pattinson bekommt es hin, wirklich positiv zu überraschen.
Nach einem mysteriösen Kollaps vor zehn Jahren herrscht weitestgehend Gesetzlosigkeit im australischen Hinterland. Der von viel Elend ausgezehrt wirkende, vollbärtige Eric (Guy Pearce) hat sich mit der feindseligen Umwelt arrangiert; redet kaum, schaut niemanden ohne Grund an und bleibt für sich. Bei einem Zwischenstopp für ein Glas Wasser, wird sein letztes Hab und Gut, sein Auto (ein Rover), von ein paar hitzköpfigen Halunken entwendet. Einer der Halunkenbande bleibt verletzt zurück und wird von Eric aufgelesen. Es handelt sich bei dem geistig debil wirkenden Reynolds (Robert Pattinson) um den Bruder von einem der Halunken. Mit Aussicht auf Rache und dem Wunsch, seinen Rover wiederzuerlangen, macht sich Eric zusammen mit Reynolds auf den Weg.
Genau wie die weite Leere der Ödnis im australischen Outback, so leer ist auch das moralische Vakuum der Menschen in „The Rover“. Der geheimnisvolle Kollaps wird nicht weiter erklärt, finden sich aber immer wieder kleine Hinweise und Bezüge zu China (chinesische Schriftzeichen auf Güterwagons). Wichtig ist dieser Kollaps auch nur für die Rahmenbedingungen des Films. In diesem Endzeit-Szenario kämpft jeder für sich allein um das eigene Überleben. Geld ist kaum von Wert. Moral hat kaum einen Wert. Wer moralisch handelt, riskiert selbst draufzugehen. Ein derartig feindliches Lebensumfeld ist Brutstätte für skurrile Schlitzohren, Gauner und Werte-Verneiner jeglicher Art. Die Interaktionen von Eric mit solchen Leuten sind stoisch, zielgerichtet und von eindringlich verbaler und manchmal physischer Gewalt. Das wortkarge Agieren und im Mix dann präzise schön fotografierte Bilder waren auch Markenzeichen bei „Drive“. Allerdings finden hier auch immer wieder kurze Dialoge ihren Weg auf die Leinwand. Zuschauer erfahren mehr über das Innenleben des Hauptdarstellers und seine Beweggründe. Guy Pearce ist dabei gewohnt großartig. Ein Vergleich zu „Drive“ lag dennoch nah und dient als Anhaltspunkt, ob solche Kost einem schmeckt oder nicht.
Noch viel mehr begeistert dieses Mal aber Robert Pattinson, der sich hier erfolgreich aus der kitschbehafteten Vampirwelt freistrampelt. Manch einer hätte ihm so viel Talent gar nicht zugetraut. Das ist aber auch das Problem, wenn man mit einem Franchise berühmt wird und darauf leider kleben bleibt oder reduziert wird. Hier mimt Pattinson einen unbedarften, naiv und geistig eingeschränkt wirkenden Gauner. Seine Figur scheint ständig mit Überforderung zu kämpfen, trifft aber auch (vor-)schnelle Bauchentscheidungen und sein vermeintlich dumpfer Blick auf die Welt blendet viel Schlechtes aus. Reynolds ist eine Figur, die geführt werden muss und sich an andere dranhängt. Wenn der wortlose Eric mit ihm spricht, droht er ihm meistens oder peitscht ihm niedergeschlagene Bitterkeit um die Ohren. Trotzdem bleibt Reynolds beinah treu(-doof) an Erics Seite und öffnet somit die Tür zurück zu ein wenig Menschlichkeit.
Darstellerische Qualitäten bietet auch das Outback. Die raue, verwilderte Schönheit der Einöde wird immer wieder von David Michôds Talent perfekt in Szene gesetzt. Für einen Endzeit-Film erinnert dies an andere Vertreter des Genres wie „The Book of Eli“ oder, etwas älter, „Mad Max“, aber noch nie wurde stilistisch so präzises Handwerk mit dieser Kulisse betrieben. Vielleicht findet sich die ein oder andere kleine Länge, oder die Geschichte ist einem zu mager, oder man wünscht sich einen erfrischenden, aufwühlenden Beitrag zum Endzeit-Genre, doch sind es die bildgewaltigen Einstellungen und das Spiel von Pearce vs. Pattinson, was den Film ausmacht.