Trainspotting, GB 1996 • 94 Min • Regie: Danny Boyle • Mit: Ewan McGregor, Robert Carlyle, Ewen Bremner, Johnny Lee Miller, Kelly Macdonald, Kevin McKidd • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 15.08.1996
Handlung
Mark Renton (Ewan McGregor) lehnt alles ab, was sich der durchschnittliche Spießbürger in seinem Leben so vornimmt. Er sagt „Nein“ zu einer Karriere, „Nein“ zu einer eigenen Familie, „Nein“ zu jeglicher Art von Luxus. Dennoch sagt er „Ja“ zum Leben. Auf seine Weise. Er ist Schotte, lebt in Edinburgh und hat ein Problem, von dem viele junge Menschen Ende der 80er-Jahre dort gezeichnet sind: Drogen. Eigentlich versucht er aufzuhören, das Zeug tagtäglich in seinen Körper zu impfen. Denn das Fixen bestimmt seinen Tagesablauf, sein Leben. Dennoch scheitert er immer wieder mit dem Ausstieg, verlangt immer wieder einen letzten Schuss. Daran ist nicht zuletzt auch sein Umfeld schuld. Seine Eltern stehen zwar hinter ihm, interessieren sich aber mehr für TV-Gameshows. Und seine Freunde Sick Boy (Johnny Lee Miller), Spud (Ewen Bremner) und Begbie (Robert Carlyle) sind ein Haufen Chaoten, die ihre eigenen Probleme nicht in den Griff bekommen – und das eigentlich auch gar nicht wollen. Sie sind alle durch ihre Süchte miteinander verbunden und brauchen zur Befriedigung dieser vor allem eins: Geld. Dadurch kommen sie auch immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Irgendwann zwingen vermehrte Zwischenfälle Mark jedoch, sein Leben und damit auch sich grundlegend zu ändern. Dazu muss er es endgültig schaffen, clean zu werden.
Kritik
Das erste Wort, was einem nach dem Film so in den Kopf kommen könnte, ist „schonungslos". Denn genau das ist der Film. Regisseur Danny Boyle hat großen Wert darauf gelegt, möglichst viele Details zu zeigen, die dem Publikum in anderen Filmen oft vorenthalten werden. Das beginnt schon mit einer der legendärsten Kloszenen der Kinogeschichte oder auch dem detaillierten Ablauf des Fixens. Der Zuschauer bekommt so aus mehreren Perspektiven ein Gefühl dafür, wie die schmutzige Droge langsam vom Löffel in die Spritze und schließlich über die feine Nadel in den Körper gelangt und ihre Wirkung entfaltet. Und selbst auf Marks Trips nimmt Boyle uns mit. Genau diese Details lassen den Film so plastisch wirken. Wenn man sich als Zuschauer darauf einlässt, wird man knapp anderthalb Stunden ein Teil der schottischen Chaotentruppe.
Unterstützt wird der Zuschauer dabei auch von den authentischen Schauspielern. Vor allem Ewan McGregor sticht als Hauptprotagonist heraus. Er haucht Mark, aus dessen Perspektive der Film erzählt wird, das Leben ein, das die Figur so menschlich wirken lässt. Der Zuschauer leidet förmlich mit ihm mit. Man ist verzweifelt, wenn Mark wieder scheitert. Manchmal versteht man aber auch nicht, warum er sich wieder auf einen Schuss einlässt. Man lebt und leidet mit ihm. Und man kann sein Handeln im Laufe des Films immer besser nachvollziehen.
Die Drogen aller Art – Nikotin, Alkohol, Hasch und mehr – sind sicherlich der zentrale Bestandteil des Films, der auch die Charaktere in ihren Handlungen immer wieder beeinflusst. Es geht dennoch nicht nur um die Sucht allein. Freundschaft, Sexualität, Gewalt, Tod sind Motive, die den Film vielschichtiger werden lassen. Schließlich hat auch ein Drogenabhängiger ein Leben abseits des Fixens, auch wenn es maßgeblich davon beeinflusst wird.
Auch abseits der Story besitzt der Film einen hohen Grad an Authentizität. So betrug das Gesamtbudget vergleichsweise geringe zwei Millionen Pfund, das entspricht etwa 2,4 Millionen Euro. Solch ein Budget grenzt die filmtechnischen Möglichkeiten enorm ein und genau das kommt dem Film zugute. Das Ambiente ist häufig schlicht, aber enorm aussagekräftig. Die Effekte sind teilweise recht einfach umgesetzt, werden aber an den richtigen Stellen präzise eingesetzt. Die Kamerafahrten sind teilweise sehr einfach, teilweise aber auch sehr experimentell und effektverstärkend.
Die größte Leistung, die die Filmemacher erbracht haben, ist neben der realistischen Darstellung, die Verknüpfung von einem ernsten, gesellschaftlichen Problem mit viel Humor. Der ist häufig sehr schwarz, aber zwangsläufig komisch. Das führt dazu, dass man sich als Zuschauer nicht wie in einem Aufklärungsfilm fühlt, bei dem dokumentarisch aufgezeigt wird, wie schlecht es einem ergeht, wenn man Drogen nimmt. „Trainspotting" kann auch unterhalten, und genau das gibt dem Film einen zusätzlichen Reiz.
Danny Boyle konnte sich anfangs nur schwer vorstellen, dass der Film ein breites Publikum ansprechen kann. Grund dafür war vor allem der schwierige Stoff, der für einen typischen 90er-Jahre-Film zu wenig auf Unterhaltung setzt. Schließlich gehen die Leute auch heute viel lieber ins Kino, um sich unterhalten zu lassen und nicht um sich nach einem harten Arbeitstag moralisch weiterzubilden. Doch Boyles Zweifel sollten unbegründet bleiben. Der Film fand ein breites, internationales Publikum. Und für Ewan McGregor war es der Türöffner für eine internationale Karriere. Mit „Trainspotting" wurde ein Kultfilm geschaffen, der auch heutzutage seine volle Wirkung entfalten kann.
Fazit
Danny Boyle hat mit der Verfilmung des Romans von Irvine Welsh einen Kultfilm geschaffen. „Trainspotting“ besticht mit seinen außergewöhnlich gut dargestellten Charakteren, einem stimmungsvollen Ambiente und einem – wörtlich gemeinten – zeitlosen Stoff, der in einen authentischen Film umgewandelt wurde. Es ist nach wie vor einer der besten Filme aus Großbritannien, der vollkommen zu Recht auch international sehr erfolgreich war.
Zum Schluss noch ein Tipp: Am 29. August 2013 ist knapp 17 Jahren nach Kinostart die ungekürzte Originalfassung des Films auf Blu-Ray erschienen. Der Film läuft etwa 94 Minuten und ist damit so lang wie die Kinofassung von 1996. Echte Fans sollten beim Kauf daher unbedingt auf das Erscheinungsjahr der Disc achten!
Trailer
https://youtu.be/htMCYd7KEA4